Ole ist eine französische Bulldogge und läuft beim Gassigehen mit stolzer Brust vorneweg. Als Agenturhund der Sylter Werbeagentur Dünenwind hat er auch allen Grund dazu. Schließlich führt er ein kreativ aufregendes Hundeleben. Er fühlt sich auf dem Surfboard genauso wohl, wie bei Touren durch die Weinberge der Nordseeinsel oder wenn sein Frauchen im Landhaus Stricker Holger Bodendorf interviewt. Aber er hört auch gerne seinen Lieblingsmenschen im Büro zu. Dann liegt er unter dem Tisch, lauscht dem Brainstorming und träumt von seiner großen Liebe Fay, die er oft beim Spazierengehen trifft. In seinen Träumen führt er die Interviews und ist nicht nur dabei. Wobei es natürlich wichtig ist, dass er dabei auf Frauchen aufpasst.
Heute reden die Menschen im Büro wieder so lange und ermüdend, dass er kurz einnickt und sanft in seine Lieblingswelt gleitet. Er läuft neben Fay, der großen Ridgdeback Hündin am Strand und tausend Gedanken schossen durch seinen Kopf. Abgabetermine, Korrekturlesen und dann dieses Interview jetzt. Welche Fragen sollte er seiner Freundin stellen? Nach all den Jahren…? „Fay Daisy of Brownrigde“ – diesen Adelstitel fand er immer lustig. Aber eigentlich ist sie mehr Wolf wie Baronin…. Ihr Lieblingsthema? Reden wir heute mal nicht über ihre Ansichten zu Schrödingers Katze. Die Leser wollen das nicht. Da gab es schon bei der letzten Redaktionskonferenz Ärger mit dem Rauhaardackel. Reden wir über triviale Sachen.
Ole versucht seinen französischen Dialekt gar nicht zu unterdrücken: „Petit Cherie, wo gehst Du am liebsten spazieren auf die Insel?“ Fay schaute ihn überrascht an. Nach all den Jahren fragt er mich so einen Blödisinn?
„Das weißt Du doch. Morgens am Watt, am Munkmarscher Hafen. Ich mag es, wenn das Wasser flach ist. Da kann ich mich ein wenig frisch machen und Frauchen den Ball aus dem Wasser holen. Sie ist ja so ein Trottel und verliert ihn da immer. Außerdem mag ich es, wenn die Sonne aufgeht. Das Wasser glitzert dann so schön. Soll so aussehen wie der kleine Fischteich auf der Farm meiner Ahnen in Südafrika. Da fällt mir ein, dass wir mal wieder zu Gosch nach List sollten. Es ist lustig zu sehen, wie die Menschen sich immer die Fischbrötchen von den Möwen klauen lassen.
Ole nickte und ließ sein typischen Ole-Lachen hören: „Ja, wobei wir mit den Möwen nochmal unseren Anteil durchsprechen sollten. Wenn das nicht mehr wird, dann verscheuchen wir sie.“
Fay bellte Zustimmung: „Aber die Spaziergänge nördlich des Hafens sind auch ziemlich gut. Ich mag es wenn Frauchen auf dem StandupPaddle Board steht. Meistens bleibt sie auf dem Brett, dann brauche ich nicht eingreifen“ „Sieht bei mir nicht anders aus. Frauchen schlägt sich richtig gut. Aber sie kann auch sicher sein, denn ich bin ja immer mit dem Board. Und mit meiner Haifischflossen-Schwimmweste sehe ich auch ziemlich gefährlich aus“ Fay schaut ihn bewundernd aus ihren bernsteinfarbenden Augen an. Er ist ja so stark: „Im Winter bin ich sehr gerne am Ellenbogen, da es hier unglaublich ruhig ist . Außer es sind Seehunde dort. Die mögen uns ja nicht sonderlich. Außerdem riechen die wie die Fischbrötchen beim Gosch. Aber alte Fischbrötchen. Ich mag ja diese Hooligan-Hunde gar nicht, die ohne Leine herumlaufen. Die haben einfach keinen Stil. Nicht nur die Seehunde sind genervt. Auch die Schafe.“
Ole schaut irritiert: „Laufen die Schafe ohne Leine?“ Ängstlich duckt er sich hinter Fay und in seinen Gedanken wird er von diesen wilden Schafen durch die Dünen gejagt. „Ja, aber die tun nix, außer Gras fressen. Das ist aber wichtig und die Menschen sagen, die dürfen nicht gestört werden. Mir erscheinen die nicht so clever. Stehen auch viel auf der Straße rum. Ich glaub die suchen die Bushaltestelle da. Dabei gibt es dort keine“
Beruhigt untersucht Ole einen Knäuel aus altem Holz und Algen. „Sag mal, gibt es auf Sylt nicht auch einen Platz, wo wir im Sommer ohne Leine laufen dürfen. „Klar! Am Flughafen auf der Hundewiese. Da kann man sich dem großen Rudel anschließen und sich prima jagen. Und wenn wir von der Leine sind und es gibt mal Ärger, dann regeln wir das ohne die Menschen. Die haben eh keine Ahnung.“ „Ja, das ist lustig. Ich mag die Hunde von den Gästen. Diese Dialekte. Rehpinscher mit sächsischem Dialekt. Zum Schießen komisch.“ „Erinnerst du dich an den Rottweiler mit dem schwäbischen Dialekt?“ Ole stutzte, denn Fay schaut ihn leicht pikiert an „Ich glaub er hieß Brutus und ich fand ihn ganz nett“. „Toll, hast du jemanden kennengelernt und sagst es mir nicht?“ „Naja, da laufen soviele Hunde herum. Man lernt sich kennen und abends trifft man die dann in irgendeinem Restaurant wieder.“ Ole schaut immer noch kritisch. Aber er konnte ihr ja Vertrauen. Und sie hatten ja ihre Plätze für den Sonnenuntergang.
„Also ich mag den Sunset Beach sehr am Abend. Der Sonnenuntergang dort ist phänomenal. Oder am Beachhous, vierzehn Laternen weiter südlich, da ist es nicht so voll und der hat Würste. Die Menschen stehen da auch rum und gucken der Sonne zu, wie sie im Meer versinkt. Sie schauen dann ganz verträumt und holen ihre Telefonkameras raus. Ich versuche Frauchen schon seit langem zu erklären, dass die am nächsten Morgen auf der anderen Seite der Insel ganz früh wieder aus dem Wasser kommt.“ Ole grinst. „Ja kenne ich. Ich wundere mich nur, dass das Wasser nicht warm wird, wenn die Sonne drin versinkt.“
Fay schüttelt sich bei dem Gedanken daran, wie kalt das Wasser morgens noch ist. Aber ihr Antlitz erhellt sich plötzlich: „Im Sommer liebe ich das Eis am Kampener Hundestrand (Strandübergang Sturmhaube). Hier gibt es das beste Hunde-Eis der Insel. Zum Beispiel mit Rind und Möhre: Absolut lecker! Und das beste ist: Durch den Frozen Joghurt machen die Kugeln auch nicht dick und man kann eine zweite Kugel bestellen.“ Fay schaut an sich herunter. „Findest du mich zu dick?“ „Nein, sonst würdest du ja nicht in Deinen Regenmantel passen.“ „Den hab ich mir bei den Pet-Shop-Boys in Tinnum geleistet. Es gibt ja noch einige Shops für Hunde. Aber ich mag die Leckerlis dort am liebsten. Und diese Halsbänder natürlich“ Ole hasst Gespräche über Mode. Frauen… Aber es ist ja für die Leser. Er denkt daran, wie sich Hunde ihrem Frauchen oder Herrchen im Aussehen nach einer Weile annähern und muss schmunzeln. Zum Glück sieht Frauchen ihm nicht ähnlich. Um das Gespräch in Gang zu halten macht er noch eine Bemerkung über das „Dogstyler“ Geschäft auf der Keitumer Landstraße. Die Mitarbeiter sind immer freundlich und wissen ja immer, was er möchte. Der Gedanke mit den Hunden und den passenden Menschen geht ihm nicht aus dem Kopf: „Die unterschiedlichen Hunderassen passen nach einer Weile sehr gut zu Ihren Besitzern. Dieses Phänomen beobachte ich schon länger. So habe ich erst kürzlich in dem Künstlerdorf Keitum einen Golden-Retriever gesehen, der das gleiche Halstuch getragen hat, wie sein Herrchen. Ich erkannte den Goldie wieder. Es war ihm sichtlich peinlich.“
„Ich bin ja meistens in Kampen unterwegs. Da tragen Besitzer und Hund gerne grüne oder braune Steppjacken aus England. Es ist zwar etwas teurer. Doch Hund muss ja auch zeigen, was er hat. Was für die Mode zutrifft, passt auch auf die unterschiedlichen Hunderassen. Menschen mit anmutigem Gang führen elegante Hunderassen an der Leine.“ „Stimmt, meinem Frauchen hab ich auch schon das schnelle Wuseln beigegebracht. Und sie findet sogar bessere Stöckchen als ich“ „Das meine ich gar nicht. Jeder Mensch findet den passenden Hund für sich. Speziell auf Sylt. Da steigt der stolze Münsterländer, mit seinem komplett verdreckten Herrchen aus dem Jeep, weil er mit ihm im Watt war.“ „Ja ich verstehe. Wie diese Chihuahua, die meistens von ihren Frauchen getragen werden, damit sie besser in die Regal mit dem Blinkeschmuck gucken können. Was machen wir denn am Wochenende?
Fay: „Wie immer: „Der frühe Vogel fängt den Wurm!“ Morgens früh an den Strand oder in die Heide. Da sind wir ungestört und können herumtoben, wie wir wollen. Aber sag Frauchen, sie soll die lange Leine mitnehmen und die Sonnencreme. Mit meinen kurzen Haaren kriege ich einen Sonnenbrand. Oder wie du letztes Jahr auf der Nase.“ „Sag ich ihr. Und du trink bitte nicht wieder aus dem Watt“ „Aber es glitzert doch so schön“ „Ja und du kannst dann wieder nicht spielen, weil du beim Tierarzt bist“ Er verfolgt sie in Richtung Düne, wo sie ungestört ein wenig…
„chrrrrrrrr“ Verdattert hebt er den Kopf. Die Menschbeine sind immer noch da. Sie reden immer noch. Dieses Geräusch ist eklig. Es klingt nicht nach Leckerlitüte sondern nach Kaffeemaschine. Hoffentlich gehen die bald, denkt er. Er muß dieses Interview doch noch in den Computer schreiben.